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Jazzpreis der Stadt Worms 2007 geht an den Posaunisten und Komponisten Christof Thewes

Der Wormser Jazzpreis geht in diesem Jahr an den saarländischen Komponisten und Posaunisten Christof Thewes. Die Jury lobt vor allem Thewes „exponiertes Posaunenspiel“ sowie seine „ausdrucksstarke Nähe zur Avantgarde“. Seine Lust an intensiver, manchmal lyrischer und sanfter, dann wieder rein geräuschorientierter Improvisation wie auf den beiden jüngsten CD-Einspielungen „Melancholera“ und „Bilder eine Ausstellung“, seien kennzeichnend für einen emotional aufregenden, zeitgemäßen Jazz . Thewes Kompositionen mit den über einer groovenden Rhythmusbasis harmonisch gebundenen wie freitonalen, in der Regel aber immer skurrilen und humorvollen Ausdrucksformen verleihen den Projekten des Saarländers wie „Undertone“, dem Quartetto Pazzo, dem Duo mit dem Pianisten Georg Ruby, der „Little Big Band“ und seinen Soloeinspielungen eine Alleinstellung in der neuen deutschen Jazzszene. Dem Bandleader gelingt es, selbst in kleinen Formationen den vollen Klang eines Orchesters zu erreichen. Die Kollektive verraten neben ungebremster Kreativität dennoch den Drang zu einem “geordneten Chaos“, Soundfetzen formen sich zu einem assoziativen Gesamtklang. Es geht im spannende Kommunikation im Raum zwischen freier Improvisation und strukturiertem Material. Die Musik sei stets undogmatisch der Unendlichkeit des Augenblicks verpflichtet, sagt der Preisträger selbst. Christof Thewes habe als Komponist und Posaunist, Tradition und Avantgarde in einer Weiterentwicklung  des freien Jazz verschmolzen – dabei auch experimetellen Rock und Funk einbezogen, meint die Jury. Bemerkenswert ist auch Thewes „Jazz und Lyrik“-Projekt mit vertonten Gedichten von Alfred Gulden.

Christof Thewes, geboren am 14. Januar 1964 im saarländischen Quierschied, ist auf der Posaune Autodidakt mit eine Vorliebe für die Musik von Miles Davis, Albert Mangelsdorff, Ornette Coleman und Frank Zappa. Anfangs engagierte sich Thewes eher in der Neuen Musik – spielte speziell Kompositionen von Nono, Stockhausen und Ligeti. Heute arbeitet der Jazzreisträger als Posaunist, Komponist, Arrangeur und Instrumentallehrer vorwiegend im freien Jazz, leitet verschiedene Ensembles und Musikprojekte, konzertiert in Deutschland, Frankreich, Polen und Schweiz, spielt auf zahlreichen deutschen und europäischen Festivals wie Straßburg, Nancy, Illingen, St. Wendel, Darmstadt und Erlangen.  Christof Thewes ist Förderpreisträger der Stadt Saarbrücken von 1985 und des Kreises Neunkirchen von 1996. Seit 2000 arbeitet er als Dozent im Aufbaustudiengang Jazz an der Musikhochschule Saarbrücken. Der Saarländer arbeitete unter anderem mit Rudi Mahall, Wollie Kaiser, Jürgen Wuchner, Gabriele Hasler, Claudio Puntin, Albert Mangelsdorff, Han Bennink, Georg Ruby, Gunter Hampel, Adam Pyronzcyk, Dieter Manderscheid und Jörn Schipper. Er komponierte für den Saarländischen Rundfunk und den Rundfunk Berlin/Brandenburg. Discographie: 2007: Christof Thewes Quintett –plays the music of Charles Mingus, Quartetto Pazzo – Melancholera, 2006: Undertone Project – Modest Mussorgsky – Bilder einer Ausstellung, 2005: Undertone Project – Lost Brain, 2004: Gulden/Thewes Little Big Band – Greyhound, 2003: Thewes/Mahall – Quartetto Pazzo, 2002: Ascension Factor – Ratiomystic, Modern Chamber Ensemble – Moviermusic, Yahoos – Schwarzes Album, 2001: Little Big Band – A kind of silly walks, 2000: Gulden/Thewes – Fall tot um (Auswahl).

Der mit 5000 Euro dotierte Jazzpreis des Stadt Worms wird nach 2003 und 2005 in diesem Jahr zum dritten Mal verliehen. Mit der Auszeichnung, die von Florian Gerster initiiert und finanziert wird, sollen junge deutsche Jazzmusiker mit professionellen Ambitionen – bevorzugt aus Rheinland-Pfalz und den angrenzenden Bundesländern – für besondere Leistungen als Solist, Komponist, als Gruppe oder für ein Projekt ausgezeichnet und ihre musikalische Entwicklung gefördert werden.

Der erste Wormser Jazzpreis wurde der Weinheimer Pianistin Anke Helfrich, der zweite dem Mannheimer Saxophonisten Steffen Weber zugesprochen.

Eine Jury mit Florian Gerster, dem Vorstand der Wormser Jazzinitiative BlueNite (vertreten durch den Vorsitzenden Volker Wengert), dem Journalisten und Fotografen Klaus Mümpfer, den vorhergehenden Preisträgern Anke Helfrich und Steffen Weber sowie dem Kulturkoordinator der Stadt Worms, Volker Gallé, hat Christof Thewes in einer geheimen Wahl zum Preisträger gekürt.

Stifter Florian Gerster wird den Jazzpreis der Stadt Worms bei einem Preisträgerkonzert am 10. November 2007 im Café Schmitz, Worms, Weckerlingsplatz, offiziell überreichen.


Text: Klaus Mümpfer